
Wo erhalten Sie Rat und Hilfe, wenn es Probleme mit dem Jobcenter oder bei der Sozialhilfe gibt? Wer hilft beim Ausfüllen von Formularen? Wer hört sich auch mal Sorgen oder Schwierigkeiten an und begleitet Sie zu Behördenterminen?
Die „Linke Hartz4-Hilfe Wetterau“ wurde von Menschen gegründet, die Erfahrung mit Hartz4 gemacht haben.
(v.l.n.r.) Peter Eickmann (Kasse), Anja ElFechtali (Vorsitzende), Karlheinz Hofmann (stellvertretender Vorsitzender)
Der Verein bietet:
Aktuell:
Großes Fest zum 10. Geburtstag der Linken Hartz4-Hilfe Wetterau: Viele nette Gäste, ein politischer Rückblick, gutes Essen und Musik.
In 10 Jahren ist viel passiert. Leider sind wir nicht überflüssig geworden. Wir setzen alles dran, dass wir das in den nächsten 10 Jahren schaffen: Auch Bürgerhartz ist Armut per Gesetz!
Kaum zu glauben:
Im November 2012 wurde der Verein "Linke Hartz4-Hilfe Wetterau" gegründet.
Seit Januar 2013 finden zweimal in der Woche Sozialsprechstunden im Roten Laden statt.
Klar sind wir stolz darauf, so lange durchgehalten zu haben.
Aber dieses 10-jährige Jubiläum ist eine traurige Angelegenheit.
Dass so viele Menschen von Armut betroffen sind, dass so viele Menschen im Niedriglohnsektor arbeiten müssen und der Lohn nicht fürs Leben reicht und dass sie mit den Tücken des Hartz4-Systems nicht klar kommen, das ist eine Schande!
Sanktionen, Druck und Bürokratie machen die Menschen mürbe. Existenzsorgen machen krank.
Wir wollten von Beginn an nicht allein mildtätig arbeiten. Pestalozzi sagte: „Wohltätigkeit ist das Ersaufen des Rechts im Mistloch der Gnade.“ Da hat er sehr recht, denn es geht um soziale Rechte und nicht um milde Gaben.
Armut und Reichtum sind keine Kollateralschäden der Globalisierung, wie man uns oft glauben machen möchte. Sie sind im kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem vielmehr strukturell angelegt. Armut ist gewollt und bewusst erzeugt, sie diszipliniert die arbeitenden Menschen, die Angst vor dem sozialen Abstieg haben sollen. Angst vor Armut sichert die bestehenden Verhältnisse. Deshalb arbeiten viele unserer Vereinsmitglieder gleichzeitig politisch. Wir bringen die Themen aus der Sozialsprechstunde in den Kreistag ein. Wir klären auf, diskutieren überall, wo es möglich ist über Sozialpolitik und die Ursachen von Armut. Bei einer Armutsquote von 18,5 Prozent in Hessen ist das auch bitter nötig!
Über Weihnachten hat die Sozialsprechstunde geschlossen.
In Notfällen (!) sind wir per e-mail erreichbar (siehe oben) oder telefonisch: Von 10 bis 16 Uhr unter der Nummer 0175 3561805
Letzte Sprechstunde im alten Jahr: 22. Dezember 2022
Erste Sprechstunde im Neuen Jahr: 16. Januar 2023
Zum Forum waren 105 Gäste gekommen. Dr. Butterwegge erläuterte die Ursachen von Armut und zeigte auf, dass soziale Ungleichheit ernste Folgen für die Gesellschaft hat. Abgehängte Menschen verlieren das Interesse an demokratischer Beteiligung. In seinem Vortrag zeigte er, dass die Ursache sozialer Ungleichheit in der ungerechten Verteilung von Vermögen und der Steuerentlastung besonders der Hypervermögen liegt. Kapitalismus ist eine Wirtschaftsform, die diese Ungleichheit erzeugt.
Aus dem Publikum gab es zahlreiche Diskussionsbeiträge. Und auch Musik durfte nicht fehlen: Der Chor "Links spielt die Musik" sang zusammen mit "Dynamo Frankfurt" Lieder von Bertolt Brecht und Hanns Eisler. Zuletzt gab es einen Run auf die Bücher, die Dr. Butterwegge mitgebracht hatte.
Die Ampelkoalition hat sich am 22. 11. 2022 mit CDU/CSU auf eine Hart4-Reform verständigt. Das Bürgergeld wird kommen. Geändert wird aber nur der Name. Vom Kernstück der Reform, die geringfügige Erleichterungen für Leistungsberechtigte bringen sollte, ist nach der Blockade des Gesetzes durch CDU/CSU im Bundesrat am 14. November so gut wie nichts übriggeblieben.
Das Sanktionsregime soll unverändert bestehen bleiben. Die geplante »Vertrauenszeit« von einem halben Jahr, in der »nur« Terminverstöße mit zehn Prozent Kürzung bestraft werden sollten, ist vom Tisch, erklärten Regierungs- und Unionsparteien am Dienstag. Wer seine Mitwirkungspflichten verletzt, sich also nach Einschätzung des Fallmanagers im Jobcenter nicht eifrig genug um den nächstliegenden Drecksjob bemüht, soll vom ersten Tag an mit zehn Prozent Kürzung bestraft werden. Im zweiten Monat sollen ihm 20 Prozent, ab dem dritten Monat 30 Prozent gestrichen werden. Von einem Existenzminimum wohlgemerkt, das zu tief angesetzt ist. 725 Euro wären das absolute Minimum, zeigen nachprüfbare Berechnungen des Paritätischen Sozialverbands; mit dem Bürgergeld ist eine Erhöhung um 53 auf 502 Euro geplant.
Für reihenweise Hartz4-Bezieher wird die Einführung des Bürgergelds sogar eine Verschlechterung bedeuten. In der Coronakrise hatte die Regierung Merkel (CDU/CSU und SPD) eine Karenzzeit für Hartz4-Neuankömmlinge beschlossen, die jetzt zum Jahresende ausläuft. Diese Regelung besagte, dass Neuankömmlinge bei Hartz4 zwei Jahre lang keinen Zwangsumzug fürchten mussten und in dieser Zeit betrug das Schonvermögen bis zu 60.000 Euro. Die Verstetigung dieser Karenzzeiten wäre die zweite Säule des mickrigen Bürgergeld-Gesetzes gewesen. Aber sie wurde in den Verhandlungen mit CDU/CSU noch mal auf halbe Höhe gestutzt. Bürgergeld-Bezieher werden nun also schon nach zwölf Monaten aus Wohnungen fliegen, die für unangemessen erachtet werden. Und sie dürfen auch nicht mehr zwei Jahre lang 60.000 Euro Vermögen behalten, sondern nur ein Jahr lang die Hälfte.
Die Unionsparteien sind zufrieden. CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich überrascht, zu welch weitgehenden Kompromissen die Ampelregierung bereit gewesen ist. Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe, erklärte: »Wir haben in den Verhandlungen schwere Systemfehler im Hartz4-Update, das ja missverständlich als Bürgergeld bezeichnet wird, also schwere Fehler im Hartz4-Update beseitigen können.«
Merz hatte vor der Einigung in der Pose eines rechten Arbeiterführers nach unten getreten: Jedem Bürgergeld-Bezieher müsse es noch einmal deutlich schlechter gehen als dem ärmsten Niedriglöhner, war sein Mantra. Tatsächlich haben in der Bundesrepublik seit den Hartz-Reformen vor 20 Jahren massenhaft Zeitarbeiter, Minijobber und Scheinselbständige nicht viel mehr auf der Hand als das (Nicht-mal-) Existenzminimum.
Bundeskanzler Olaf Scholz nahm den Bürgergeld-Kompromiss am 22. 11. 2022 bei einem »Wirtschaftsgipfel« in Berlin erfreut zur Kenntnis. Man werde »jetzt eine ganz große Sozialreform beschließen«, verkündete der Sozialdemokrat. »Das ist jetzt in einer Art und Weise formuliert worden, wo, glaube ich jedenfalls, die Regierungsparteien alle drei für sich sagen können: Sie sind damit sehr zufrieden. Ich hoffe, auch die Opposition wird das sagen, und dann ist ja alles okay.«
Der Bundesrat hat inzwischen dem Bürgergeld-Gesetz zugestimmt.